Немецкий язык





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Дата публикации09.03.2015
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ТипДокументы
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Предисловие
Предлагаемый практикум предназначен для студентов 5 курса немецкого отделения (очной и заочной форм обучения) и 5 курса английского отделения, изучающих немецкий язык как второй иностранный язык.

На 5 курсе осуществляется подготовка к государственному экзамену. Большое значение уделяется аналитическому чтению художественных оригинальных текстов и реферированию газетных статей.

Целью работы является практическое применение теоретического материала, изученного студентами в курсах по лексикологии и стилистике иностранного языка. В практикуме предложены оригинальные тексты немецкоязычных писателей, комплекс упражнений для интерпретации текстов, схема для анализа текста, а также словарь терминов по стилистике, клише, используемые при реферировании статьи.

Практикум состоит из 2 частей: тексты для анализа и статьи для реферирования.
Аufgaben zur Textinterpretation

  1. Lesen Sie den Titel des Textes. Welche Assoziationen fallen Ihnen ein? Entwickeln Sie dabei ein Assoziogramm.

  2. Haben Sie den Inhalt des Textes erfasst? Testen Sie sich. Stellen Sie W-Fragen zusammen:

  • Wer?

  • Warum?

  • Was?

  • Wozu?

  • Wohin?

  • Wie lange?

  1. Lesen Sie den Text noch einmal und bestimmen Sie die Schlüsselwörter.

  2. Die Hauptperson dieses Textes ist … / Die Hauptpersonen dieses Textes sind … . Der Text enthält viele Informationen über ihn / sie.

  • Notieren Sie alle Textstellen, in denen die Hauptperson /Hauptpersonen … direkt charakterisiert wird / werden.

  • Notieren Sie alle Textstellen, in denen die Hauptperson /Hauptpersonen … indirekt charakterisiert wird / werden.

Die literarische Personencharakterisierung

Der Autor charakterisiert seine Personen durch bestimmte Darstellungsmittel.

Charakterisierung

  • Das ist die schriftliche Beschreibung und Erklärung von Charaktereigenschaften einer literarischen Figur. Man setzt sich dabei z.B. mit dem äußeren Erscheinungsbild und dem Verhalten, den Worten und Gedanken der Person auseinander. Ziel ist es, ihre Wesenszüge zu erfassen. Charakterisieren heißt die Eigenarten einer Person beim Namen nennen.

Die direkte Charakterisierung

  • Die Verhaltensweisen und Wesenszüge einer Person werden direkt benannt. Z.B. "Sie war begabt".

Die indirekte Charakterisierung

  • Das ist eine andere Technik der Personenbeschreibung. Hier werden Eigenschaften und Charakterzüge einer Person nicht direkt genannt. Der Autor macht sie vielmehr durch ihre Verhaltensweisen, Worte und Gedanken sichtbar. Daraus muss sie sich der Leser erschließen.

  • Z. B. Bastian sagt seiner Bekannten, die seit drei Wochen bei ihm wohnte: "Wenn du schon hier bist, könntest du wenigstens mal abwaschen. Seit drei Wochen hast du nicht einmal!" "Du ja auch nicht", sagte Micky.

  • Durch diesen Dialog kann man darauf schließen, dass Bastian schlampig ist.

  1. Welche Textstellen erscheinen Ihnen für die Charakterisierung von der Hauptperson / den Hauptpersonen am wichtigsten.

  2. Notieren Sie Textstellen, die sich auf Gefühle von der Hauptperson / den Hauptpersonen beziehen und auf Gedanken und Handlungen, die aus ihrer / ihren Gefühlen entstanden sind.

  3. Wie sieht der Autor die Hauptperson / die Hauptpersonen? In welche sprachlichen Formulierungen drückt sich die Einstellung des Autors aus?

  4. Bilden Sie inhaltsbezogene Fragen zum Text.

  5. Suchen Sie im Text Textstellen heraus, die einen Hinweis geben, in welche Zeit die Handlung fällt. Begründen Sie Ihre Meinung.

  6. Gliedern Sie anschließend den Text in Sinnabschnitten. Fassen Sie jeweils die Handlung in einem Satz zusammen.

  7. Schreiben Sie eine Inhaltangabe der ersten Hälfte des Textes.

Die wichtigsten Informationen über die Inhaltsangabe

Eine Inhaltsangabe ist keine Erzählung, sondern informiert über das Wesentliche einer Geschichte.

Der Leser muss genau erfahren:

• die Reihenfolge der Ereignisse, die Gründe und Ursachen, die Folgen und Wirkungen, Ort und Zeit, Zahl der Personen usw.

Wer eine Inhaltsangabe schreibt, ist nicht "mitten In der Geschichte", sondern hat Abstand, bleibt kühl, referiert über den Inhalt. Dabei muss er auch analysieren und urteilen.

Der Aufbau einer Inhaltsangabe: Einleitung, Hauptteil, Schluss.

  • Einleitung. Sie enthält den Namen des Verfassers, den Titel des Textes, die Textart sowie Handlungsort und -zeit. Das Handlungsgeschehen wird in möglichst einem Satz zusammengefasst.

  • Hauptteil. Der Inhalt wird in der chronologischen Abfolge des Textes wiedergegeben. Man beschränkt sich auf das Wesentliche, überflüssige und nebensächliche Details werden weggelassen.

  • Schluss. Er gibt Aussagen zur Autorabsicht, zur sprachlichen und stilistischen Gestaltung des Textes und enthält die eigene Bewertung.

Sprachliche Gestaltung der Inhaltsangabe

  • Satzbau. Verwenden Sie knappe, einfache Satzreihen und Satzgefüge. Jede wörtliche Rede ist in indirekte Rede umzuwandeln.

  • Wortwahl. Verwenden Sie Verben, die Handlungsvorgänge zusammenfassen, und treffende Substantive und Adjektive.

  • Zeitstufe. Nur die Gegenwart (Präsens, Perfekt) ist zulässig, weil der Inhalt zeitlos gültig wiedergegeben werden soll.

Die Arbeitsschritte zur Inhaltsangabe

  • Schlüsselwörter finden. Einige Schlüsselwörter werden genau übernommen, andere dagegen können mit eigenen Worten wiedergegeben werden Außerdem können Schlüsselwörter zusammengefasst werden.

  • Vom Schlüsselwort zum verbundenen Satz. Die Schlüsselwörter werden zu einfachen, aber noch unterbundenen Sätzen verbunden.

  • Das Verbinden der kurzen, einfachen Sätze da Formulierung. Wir achten dabei auf eigene, vor Text unabhängige Formulierungen.

  1. Wie ist der Text (die Handlung) gegliedert und aufgebaut? Kreuzen Sie das Zutreffende an:

  • durch die Reihenfolge der Ereignisse;

  • durch den Wechsel der Schauplätze;

  • Personengruppierung, Gegensatz von Spieler und Gegenspieler: unterschiedliche Verhaltensweisen, Interessenkonflikte;

  • Erzählschritte und Erzähltechniken, z.B. Gliederung (Einleitung, Hauptteil, Schluss), steigende, fallende Handlung, Hohe- und Wendepunkt. Erzähltechniken, z.B. die Ausführlichkeit oder Kürze, in der etwas erzählt wird.

Welcher Sinnabschnitt hat Ihnen am besten gefallen? Warum?

  1. Wie finden Sie das Ende des Textes? Was würden Sie daran ändern? Welche Handlungsabsichten werden angedeutet aber nicht zu Ende verfolgt?

Text 1. Lange, lange Strasse lang (W. Borchert)

Zwei drei vier links zwei drei vier links zwei weiter, Fischer! drei vier links zwei vorwärts, Fischer! schneidig, Fischer! drei vier atme, Fischer! weiter, Fischer, immer weiter zickezacke zwei drei vier schneidig ist die Infantrie zickezackejuppheidi schneidig ist die Infantrie die Infantrie die Infantrie....

Ich bin unterwegs. Zweimal hab ich schon gelegen. Ich will zur Straßenbahn. Ich muss mit. Zweimal hab ich schon gelegen. Ich hab Hunger. Aber mit muss ich. Ich muss zur Straßenbahn. Zweimal hab ich schon drei vier links zwei drei vier aber mit muss ich drei vier zickezacke zacke drei vier juppheidi ist die Infantrie die Infantrie Infantrie fantrie fantrie ... 57 haben sie bei Woronesch begraben. 57, die hatten keine Ahnung, vorher nicht und nachher nicht. Vorher haben sie noch gesungen. Zickezackejuppheidi. Und einer hat nach Haus geschrieben: ... dann kaufen wir uns ein Grammophon. Aber dann haben viertausend Meter weiter ab die andern auf Befehl auf einen Knopf gedrückt. Da hat es gerumpelt wie ein alter Lastwagen mit leeren Tonnen über Kopfsteinpflaster: Kanonenorgel. Dann haben sie 57 bei Woronesch begraben. Vorher haben sie noch gesungen. Hinterher haben sie nichts mehr gesagt. 9 Autoschlosser, 2 Gärtner, 5 Beamte, 6 Verkäufer, 1 Friseur, 17 Bauern, 2 Lehrer, 1 Pastor, 6 Arbeiter, 1 Musiker, 7 Schuljungen. 7 Schuljungen. Die haben sie bei Woronesch begraben. Sie hatten keine Ahnung. 57.

Und mich haben sie vergessen. Ich war noch nicht ganz tot. Juppheidi. Ich war noch ein bisschen lebendig. Aber die andern, die haben sie bei Woronesch begraben. 57, 57. Mach noch ne Null dran. 570. Noch ne Null und noch ne Null. 57 000. Und noch und noch und noch, 57 000 000. Die haben sie bei Woronesch begraben. Sie hatten keine Ahnung. Sie wollten nicht. Das hatten sie gar nicht gewollt. Und vorher haben sie noch gesungen. Juppheidi. Nachher haben sie 304 nichts mehr gesagt. Und der eine hat das Grammophon nicht gekauft. Sie haben ihn bei Woronesch und die andern 56 auch begraben. 57 Stück. Nur ich. Ich, ich war noch nicht ganz tot. Ich muss zur Straßenbahn. Die Straße ist grau. Aber die Straßenbahn ist gelb. Ganz wunderhübsch gelb. Da muss ich mit. Nur dass die Straße so grau ist. So grau und so grau. Zweimal hab ich schon zickezacke vorwärts, Fischer! drei vier links zwei gelegen drei vier weiter, Fischer! Zickezacke juppheidi schneidig ist die Infantrie schneidig, Fischer! weiter, Fischer! links zwei drei vier wenn nur der Hunger der elende Hunger immer der elende links zwei drei vier links zwei links zwei links zwei....

Wenn bloß die Nächte nicht wärm. Wenn bloß die Nächte nicht wärm. Jedes Geräusch ist ein Tier. Jeder Schatten ist ein schwarzer Mann. Nie wird man die Angst vor den schwarzen Männern los. Auf dem Kopfkissen grummeln die ganze Nacht die Kanonen: Der Puls. Du hättest mich nie allein lassen sollen, Mutter. Jetzt finden wir uns nicht wieder. Nie wieder. Nie hättest du das tun sollen. Du hast doch die Nächte gekannt. Du hast doch gewusst von den Nächten. Aber du hast mich von dir geschrieen. Aus dir heraus und in diese Welt mit den Nächten hinein geschrieen. Und seitdem ist jedes Geräusch ein Tier in der Nacht. Und in den blaudunklen Ecken warten die schwarzen Männer. Mutter, Mutter! in allen Ecken stehn die schwarzen Männer. Und jedes Geräusch ist ein Tier. Jedes Geräusch ist ein Tier. Und das Kopfkissen ist so heiß. Die ganze Nacht grummeln die Kanonen da drauf. Und dann haben sie 57 bei Woronesch begraben. Und die Uhr schlurft wie ein altes Weib auf Latschen davon davon davon. Sie schlurft und schlurft und schlurft und keiner keiner hält sie auf. Und die Wände kommen immer näher. Und die Decke kommt immer tiefer. Und der Boden der Boden der wankt von der Welle Welt, Mutter Mutter! warum hast du mich allein gelassen, warum? Wankt von der Welle. Wankt von der Welt. 57. Rums. Und ich will zur Straßenbahn. Die Kanonen haben gegrummelt, Der Boden wankt. Rums. 5Y. Und ich bin noch ein bisschen lebendig. Und ich will zur Straßenbahn. Die ist gelb in der grauen Straße. Wunderhübsch gelb in der grauen. Aber ich komm ja nicht hin. Zweimal hab ich schon gelegen. Denn ich hab Hunger. Und davon wankt der Boden. Wankt so wunderhübsch gelb von der Welle Welt. Wankt von der Hungerwelt. Wankt so welthungrig und straßenbahngelb.

Eben hat einer zu mir gesagt: Guten Tag, Herr Fischer. Bin ich Herr Fischer? Kann ich Herr Fischer sein, einfach wieder Herr Fischer? Ich war doch Leutnant Fischer. Kann ich denn wieder Herr Fischer sein? Bin ich Herr Fischer? Guten Tag, hat der gesagt. Aber der weiß nicht, dass ich Leutnant Fischer war. Einen guten Tag hat er gewünscht — für Leutnant Fischer gibt es keine guten Tage mehr. Das hat er nicht gewusst.

Und Herr Fischer geht die Straße entlang. Die lange Straße lang. Die ist grau. Er will zur Straßenbahn. Die ist gelb. So wunderhübsch gelb. Links, zwei. Herr Fischer. Links zwei drei vier. Herr Fischer hat Hunger. Er hält nicht mehr Schritt. Er will doch noch mit, denn die Straßenbahn ist so wunderhübsch gelb in dem Grau. Zweimal hat Herr Fischer schon gelegen. Aber Leutnant Fischer kommandiert: Links zwei drei vier vorwärts, Herr Fisch! Weiter Herr Fischer! Schneidig, Herr Fischer, kommandiert Leutnant Fischer. Und Herr Fischer marschiert die graue Straße lang, die graue graue lange Straße lang. Die Mülleimerallee. Das Aschkastenspalier. Das Rinnsteinglacis. Die Champs-Ruines. Den Muttschuttschlaginduttbroadway. Die Trümmerparade. Und Leutnant Fischer kommandiert. Links zwei links zwei. Und Herr Fischer Herr Fischer marschiert, links zwei links zwei links vorbei vorbei vorbei... .
Lesehilfe zum Text:

1. они жертвы и виновники одновременно
2. это обрывки воспоминаний, диалогов и мыслей, которые образуют содержание рассказа

3. чувство ответственности за …

4. бессмысленная смерть

5. не иметь представления

6. в символических картинах и образах

7. возникать перед глазами

8. история заканчивается словами, полными бессилия (беспомощности) и мучительного сомнения

9. композиция рассказа фрагментарно – стихотворение, фрагментарно – баллада

10. это образует рефрен произведения, который постоянно повторяется в различных вариациях

11. после повтора рефрена появляются новые сведения, новые зрительные картины

12. все это объединяется с картинами из прошлого и фантастическими видениями, все в алогичной и «скачкообразной» последовательности

13. «обрывочная» композиция целого повторяется в абзацах и предложениях
14. грамматические нормы часто не соблюдаются, многократно и вариативно изменяются

15. часто это не целые предложения, а отдельные лексические сигналы, которые отражают важнейшие понятия и фрагменты прошлого
16. многократно повторяемые отдельные слова символизируют отзвук пустых форм, которые звучат в ушах и отравляют жизнь человека

17. эти обрывочные лексические звуко-комплексы перемежаются с короткими нормальными предложениями, что является сигналом того, что человек пытается сконцентрироваться и придать своим мыслям логичность

sie sind Opfer und Mitschuldige zu gleicher Zeit

es sind lauter Fetzen von Erinnerungen, von Gesprächen und Gedanken, die den Inhalt der Erzählung bilden.

das Gefühl der Verantwortung für ....

der sinnlose Tod

keine Ahnung haben

in symbolischen Bildern und Gestalten

vor den Augen erstehen

die Geschichte endet mit den Worten vollendeter Ratlosigkeit und qualvoller Verzweiflung.
die Komposition der Erzählung ist die eines Gedichts, am ehesten — einer Ballade.

das alles bildet den Refrain des Stücks, der immer wieder in verschiedenen Variationen aufkommt.

nach der Wiederkehr des Refrains kommen neue Tatsachen, neue visionäre Bilder hinzu

das vereinigt sich mit Bildern aus der Vergangenheit und phantastischen Visionen, alles in alogischer, sprunghafter Reihenfolge.
die fetzenartige Komposition des Ganzen wiederholt sich in den Absätzen und einzelnen Sätzen.

die grammatischen Normen werden häufig nicht formell beachtet, werden vielmehr variationsmäßig verschoben.

oft sind es keine ganzen Sätze, sondern einzelne lexikalische Signale, die die wesentlichsten Vorstellungen und ganze Episoden der Vergangenheit vergegenwärtigen.
die mehrmals wiederholten einzelnen Wörter symbolisieren den Nachhall leeren Formeln, der in den Ohren streckengeblieben ist und den Menschen für sein Leben lang vergiftet:

diese abgerissenen lexikalischen Signalkomplexe werden durch Reihen von kurzen Normalsätzen untermischt — ein Zeichen, dass der Mensch sich zusammenzunehmen und seine Gedanken logisch zu ordnen bemüht ist.


Die Analyse des Textes (von Silmann)

Die Geschichte, „Die lange lange Straße lang", ist in der zweiten Manier Borcherts geschrieben. In dieser Form berichtet er von dem schuldbeladenen Bewusstsein mancher Menschen, die von der schwarzen Pest ihrer Zeit angegriffen waren. Sie sind Opfer und Mitschuldige zu gleicher Zeit, und als Mitschuldige werden sie Opfer ihrer selbst.

Es sind lauter Fetzen von Erinnerungen, von Gesprächen und Gedanken, die den Inhalt der Erzählung bilden. Nur das eine ist geblieben und hämmert in dem Hirn des Erzählers: das sind die Kommandorufe, das Zählen der Schritte (auf dem Marsche) und die Zahl der während des Krieges bei Woronesh gefallenen Soldaten. Das ist geblieben, und geblieben ist auch das Gefühl der Verantwortung für diesen sinnlosen Tod, denn sie hatten keine Ahnung: Sie hatten das gar nicht gewollt. Und er selbst war kein einfacher Soldat, sondern war Leutnant Fischer, die 57 standen unter seinem Kommando, und jetzt schreien sie hinter hat mich verraten und meine Mutter hat mich ausgestoßen aus sich. Eine Vision kehrt wieder und wieder zurück, lässt ihn nicht los: Die 57 Gefallenen kommen jede Nacht nach Deutschland und fragen den Leutnant, warum sie gefallen sind, aber der Leutnant bleibt stumm. Dann geht jeder zu seinem Vater, aber auch der Vater bleibt stumm, dann zum Ortsvorsteher, zum Pfarrer, zum Schulmeister, und jeder von ihnen bleibt 57 mal stumm. Dann gehen sie zum General und endlich zum Minister, und der gibt ihnen eine „Antwort’:

Da hat der Minister sich sehr erschreckt. Er hatte sich so schön hinterm Sektkorb versteckt, hinterm Sekt. Und da hebt er sein Glas und prostet nach Süden und Norden und Westen und Osten. Und dann sagt er: Deutschland, Kameraden, Deutschland! Darum! Da sehen die 57 sich um. Stumm. So lange und stumm. Und sie sehen nach Süden und Norden und Westen und Osten. Und dann fragen sie leise: Deutschland? Darum? Dann drehen die 57 sich rum. Und sehen sich niemals mehr um. 57 legen sich bei Woronesch wieder ins Grab. Sie haben alte arme Gesichter. Wie Frauen. Wie Mütter. Und sie sagen die Ewigkeit durch: Darum? Darum? Darum? Darum?

Es kommen neue Mitschuldige hinzu: der Dichter, der nur von der romantischen blauen Blume zu singen weiß, und die saubergewaschenen glatten Herren in reinen Hemden, die sich für zehn Mark die „Matthäus Passion“ vorspielen lassen, und andere noch, die Skat spielen — alles Menschen, die von dem Elend ihrer Zeit nichts wissen wollen:

Man kann bei der Passion ganz vorn sitzen, wo die Passion recht laut erlitten wird, oder etwas weiter hinten, wo nur noch gedämpft gelitten wird. Aber das ist egal... Alle beherrschen sich gut bei der Passion« Keine Frisur geht in Unordnung vor Not und vor Quäl. Nein, Not und Qual, die werden ja nur da vorne gesungen und gegeigt, für zehn Mark vormusiziert. Und die Barrabas-Schreier, die tun ja nur so, die werden ja schließlich fürs Schreien bezahlt.

Neue Mitschuldige kommen hinzu, und darunter der Leierkastenmann mit seinen Hampelmännern, unter ihnen als eine der Hauptfiguren — der Brillenmann, der das vernichtende grüne Pulver erfunden hat, und dieses grüne Pulver bringt die Menschen um. Und der Brillenmann erfindet und erfindet und erfindet...

So, in symbolischen Bildern und Gestalten, ersteht vor unseren Augen der moderne kapitalistische Staat. Was soll der einfache Mensch tun — der Mensch, der in einer einfachen Hütte (aus Holz und aus Hoffnung) leben und Rüben und Rhabarber, Tomaten und Tabak anbauen will? Angedeutet wird, in Formeln eines Puppentheaterstücks, dass man den Leierkastenmann mit allen seinen Hampelmännern, vor allem aber den Brillenmann vernichten sollte. Es geschieht aber nur in der Vision, der Brillenmann ist kaputt, aber ein neuer kommt an seine Stelle, und die spukhaften Gestalten leben weiter, und alle zusammen fahren sie in einer Straßenbahn, aber wohin?...

Und keiner weiß: wohin? — das sind die letzten Worte der Geschichte, sie endet mit vollendeter Ratlosigkeit und qualvoller Verzweiflung.

Von Zeit zu, Zeit tauchen Gestalten auf, die als Opfer dieses „Leierkastenpuppenspiels zu verstehen sind: ein kleines Mädchen auf Fingerbeinen, das um einen Löffel Suppe fleht, viele Tausende von Müttern, die ihre Söhne verloren haben, ein alter Mann, den man aus dem Wagen herausgeworfen hat, und viele, viele andere. Vor allem aber die 57, für die der Leutnant Fischer Verantwortung trägt. Die Komposition der Erzählung ist die eines Gedichts, am ehesten — einer Ballade.

Das links zwei drei vier, das schneidige Kommando der Infanterie, die bei Woronesh begrabenen 57, das alles bildet den Refrain des Stücks, der immer wieder in verschiedenen Variationen aufkommt. Nach der Wiederkehr des Refrains kommen neue Tatsachen, neue visionäre Bilder hinzu. Der heutige verzweifelte Zustand des Leutnants Fischer, des einzigen, der in seiner Abteilung am Leben geblieben ist (ich war über), vereinigt sich mit Bildern aus der Vergangenheit und phantastischen Visionen, alles in alogischer, sprunghafter Reihenfolge.

Am Ende werden alle diese Bilder ganz kurz summiert, und die Summe ergibt wieder nichts, kein Resultat. Denn niemand weiß, wohin sie alle fahren. In der Straßenbahn sitzen wiederum alle: das kleine Mädchen ohne Suppe, Männer beim Skat, und neben der Straßenbahn marschieren die 57. Das ganze Leben, das vergangene und das gegenwärtige, hat sich hier vereinigt, und alle fahren mit, aber keiner weiß, wohin. Mit diesem traurigen Endergebnis schließt die Erzählung.

Die fetzenartige Komposition des Ganzen wiederholt sich in den Absätzen und einzelnen Sätzen. Die grammatischen Normen, wie es in der expressionistischen Literatur häufig der Fall war, werden auch hier nicht formell beachtet, werden vielmehr variationsmäßig verschoben.

Oft sind es keine ganzen Sätze, sondern einzelne lexikalische Signale, die die wesentlichsten Vorstellungen und auch ganze Episoden der Vergangenheit vergegenwärtigen. So besteht der erste Absatz aus lauter Kommandorufen und Bröckeln von militärisch klingenden Losungen und Sentenzen (schneidig ist die Infantrie). Die mehrmals wiederholten einzelnen Wörter symbolisieren den Nachhall dieser leeren Formeln, der in den Ohren streckengeblieben ist und den Menschen für sein Leben lang vergiftet:

... immer weiter zickezacke zwei drei vier schneidig ist die Infantrie zickezackejuppheidi schneidig ist die Infantrie die Infantrie die Infantrie...

Diese abgerissenen lexikalischen Signalkomplexe werden durch Reihen von kurzen Normalsätzen untermischt — ein Zeichen, dass der Mensch sich zusammenzunehmen und seine Gedanken logisch zu ordnen bemüht ist. Aber das Wörtchen zwei, das er in seinem mehr oder weniger vernünftigen Bericht gebraucht, verführt ihn wieder in den chaotischen Abgrund des alogischen Wiederkauens der Vergangenheit:

Ich bin unterwegs. Zweimal hab ich schon gelegen. Ich will zur Straßenbahn. Ich muß mit. Zweimal hab ich schon gelegen. Ich hab Hunger. Aber mit muss ich. Muss. Ich muss zur Straßenbahn. Zweimal hab ich schon drei vier links zwei drei vier aber mit muss ich drei vier zickezacke zacke...

Die ganze Erzählung besteht aus solch einem inneren Monolog, in dem Vernunft mit Unvernunft, Logik mit Gedankenchaos, Klangbild mit rationalem Bericht verschmelzen. Das Zickezacke zwei drei vorwärts usw. unterbricht mit seinem unsinnigen marschmäßigen Geplänkel jeden Versuch, das Geschehen als Ganzes darzustellen und vernunftmäßig zu überwinden — das Bewusstsein des Menschen ist heillos krank und zerrissen. Manchmal wird ihm sein kranker Zustand auch klar, und er spricht davon:

Wenn bloß die Nächte nicht warn. Wenn bloß die Nächte nicht warn. Jedes Geräusch ist ein Tier. Jeder Schatten ist ein schwarzer Mann.

Auch die Syntax der Erzählung ist ungleichmäßig. Sie schwankt von kindischer Einfachheit bis zu komplizierten Strukturen. Elliptische Sätze, Nachholungen und Anschlussgruppen sind typische Erscheinungen.

Das kranke Bewusstsein erschafft Hyperbeln, unerwartete, groteske Metaphern, die sich an das metaphorische System des Expressionismus anlehnen. Aus endlosen Wiederholungen einzelner Episoden, Formeln, Einzelwörtern entstehen neue Kombinationen, neue Komposita.

So entwickeln sich aus der Beschreibung .der gelben Straßenbahn, des Hungers und des von der Kanonade wankenden Bodens neue lexikalische Komplexe und neue unerwartete Begriffsverschmelzungen. Auch phonetische Zusammenklänge entstehen, die solche Begriffsverschmelzungen ihrerseits zementieren helfen, sie vereinigen auch Vergangenheit und Gegenwart, Wirklichkeit und Phantasie, Vernunft und Irrsinn:

Die Kanonen haben gegrummelt. Der Boden wankt... Und ich will zur Straßenbahn. Die ist gelb in der grauen Straße. Wunderhübsch gelb in der grauen. Aber ich komm ja nicht hin. Zweimal hab ich schon gelegen. Denn ich hab Hunger. Und davon wankt der Boden. Wankt so wunderhübsch gelb von so welthungrig und straßenbahngelb.

Die vielen Wiederholungen eines Worts in einer gewissen Situation verleihen dem Wort eine einmalige, eigenartige Färbung und ermöglichen es, dieses Wort nur in einem knapp abgegrenzten Sinn zu gebrauchen. So ist das Wort Woronesch in der Erzählung unzertrennlich verwachsen mit der Vorstellung der 57 gefallenen deutschen Soldaten:

Der alte Mann singt wie ein Sarg... So leise, so nach Grab, so wurmig, so erdig, so nach Woronesch singt er...

Manchmal erhält die rhythmisierte, von Zusammenklängen durchwirkte Prosa von Borchert auch Endreime, und dieses vervollkommnet ihre Ähnlichkeit mit einem Gedicht. Manchmal verwandelt sich der Prosa-Bericht in ein Duett von einzelnen Stimmen:

Freut euch, singt der Leierkastenmann.

Ich bin 25, schrei ich.

Freut euch, singt der Leierkastenmann.

Ich hab Hunger, schrei ich.

Und dann weiter schlägt die Erzählung in eine Reihe von Repliken des Erzählers um, die so angebracht sind, dass das Verbum dicens (hier schreien) zu einem sich wiederholenden Endreim wird:

Ich bin 25, schrei ich. Ich bin noch unterwegs, schrei ich. Ich hab Angst, schrei ich.

So bilden Borcherts Novellen, wie wir gesehen haben, ein interessantes Beispiel vielseitiger Benutzung von poetischen Mitteln in einem prosaischen Werk, was die Entstehung einer originellen Verschmelzung beider Arten zu einem Zwittergenre als Ergebnis hat.
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